24. Jan. 2021
Nächster Hammer! Die WSG Tirol lässt mit einem sensationellen 4:2 beim LASK nach Rapid Wien auch den zweiten Top-4-Klub der tipico Bundesliga alt aussehen.
Der Blick auf den Transferwert der beiden Teams vor dem Spiel sprach Bände. Transfermarkt.at zufolge hatte der LASK alleine auf der Reservebank (€ 6,15 Mio.) annähernd gleich viel an Spielerwerten sitzen, wie die WSG in Startelf und Bank zusammen (€ 6,5 Mio.). Und auch der Blick auf jene Zahl, die den Erfahrungswert einer Mannschaft mitunter belegen kann, zeigte sich ein eindeutiges Bild. Der Coach der Oberösterreicher, Dominik Thalhammer, hatte zusammengezählt 687 Bundesligaspiele in seiner Reserve sitzen, der Trainer der Tiroler, Thomas Silberberger, nur rund ein Viertel davon. Eine Zahlenspielerei, die sich mit Budgetvergleichen und einer Gegenüberstellung der internationalen Erfahrung der Kader problemlos hätte fortsetzen lassen – mit stets gleichem Ergebnis: hüben der Favorit LASK, drüben der Underdog WSG.
Mit Trauerflor und Trauerminute
Im Spiel selbst, das mit einer Trauerminute für
WSG-Ehrenpräsident Gernot Langes begann und in dem beide Mannschaften Trauerflor
trugen, bemerkte man den (Klassen)Unterschied nicht. Vielmehr hätte Raffael
Behounek die strapazierte Statistik schon nach knapp zwei Minuten ad absurdum
führen können. Der Innenverteidiger der Tiroler, zu Beginn der Saison nach
Wattens gekommen, setzte einen Freistoß von Florian Rieder unhaltbar für
Alexander Schlager an die Latte (2.). Pech für den Tabellensechsten, Glück für
den Vierten. So wie in Minute 15, in der Kelvin Yeboah einen blitzschnellen
Konter überhastet und harmlos in Schlagers Arme setzte, anstatt den in der
Mitte völlig freistehenden Rieder zu bedienen. Oder in Minute 17, in der
abermals ein Freistoß von Rieder an Freund und Feind vorbei nur um Zentimeter
das Linzer Gehäuse verfehlte. Und in Minute 20, in der Nikolai Baden
Frederiksen aus aussichtsreicher Position ebenfalls am Linzer Schlussmann
scheiterte. Chancen des LASK bis dahin? Keine!
Umso bitterer war es, dass Peter
Michorl (25.) mit der ersten Einschussmöglichkeit der Linzer das erste Tor im
Spiel erzielte. Unglaublich, aber wahr: das erste Saisontor des Regisseurs, der
in den vergangenen Jahren stets Torgarant in Linz gewesen war. Die WSG allerdings weder von Michorl noch vom Rückstand beeindruckt. Schon der nächste Eckball brachte Oswald & Co. den mehr als verdienten Ausgleich. Gegen den Kopfball von David Gugganig, der
sich im Luftduell nicht nur gegen Bremen-Leihgabe Johannes Eggestein
durchsetzte, sondern auch Kopfballurgewalt Gernot Trauner unter sich ließ, hatte
Schlager keine Chance. Mit der fünften Möglichkeit war die WSG wieder zurück im
Spiel. Und mit der sechsten in Führung (37.). Wenngleich der LASK-Goalie, zuvor
mit seinen Händen ein sicherer Rückhalt, bei der Entstehung des Treffers seine
Beine entscheidend mit im Spiel hatte. Ein Blackout von Schlager, das Yeboah gedankenschnell
nutzte und Frederiksen in Szene setzte. Die dänische Juve-Leihgabe musste das
Leder nur noch zu seinem fünften Saisontreffer ins leere Tor befördern. Vier
Minuten später legte der 20-Jährige noch einen drauf - wieder nach Traumzuspiel
von Yeboah. Das 2:3 durch James Holland (43.) trübte die Gala-Halbzeit der Silberberger-Truppe
zwar, schmälerte sie aber nicht. Danach war Pause – zum ersten Mal mit drei
WSG-Toren in einem Bundesligaspiel.
Zweite Auswärtssensation
Nach dem Seitenwechsel hatten die Linzer vorerst mehr Tempo und
Finesse im Spiel, die WSG aber Ferdinand Oswald – der 30-Jährige Schlussmann rettete
gegen Andreas Gruber (47.), Michorl (52.) und Eggestein (64.). Dafür traf die
WSG. Zum vierten Mal an diesem Abend, zum ersten Mal Yeboah. Der 20-jährige Italo-Ghanaer
platzierte einen an Frederiksen verursachten Elfmeter flach in die Mitte (71.).
Schlager im Eck chancenlos. Ein Spiegelbild der ersten Halbzeit, mit
umgekehrten Vorzeichen. Im Gegensatz zu Hälfte 1 hatten nämlich in Durchgang 2 die
Oberösterreicher zahlreiche Möglichkeiten, schossen aber die Tiroler mit der
ersten Chance das vierte Tor. Weil ein Freistoß von Thanos Petsos (80.) in
Schlager seinen Meister fand, Yeboah (81.) ebenso am 24-Jährigen scheiterte und
der LASK nichts mehr zu bieten hatte, blieb es beim sensationellen
4:2-Auswärtssieg beim LASK – der ersten Heimniederlage der Linzer. Dem zweiten
Auswärtserfolg der WSG gegen einen Top-4-Klub der tipico-Bundesliga.
Was von den 94 Spielminuten nach dem Schlusspfiff sonst noch bleibt? Die Gewissheit, dass Ehrenpräsident Gernot Langes zum ersten Mal von oben zufrieden auf das Spielfeld lächeln konnte. Drei wichtige Punkte für den Klassenerhalt. Und die Erkenntnis, dass weder Geld noch Statistik 2021 damit begonnen haben, Fußball zu spielen.
LASK - WSG Tirol 2:4 (2:3)
Raiffeisen Arena, Pasching | Schiedsrichter Alan KIJAS
Tore: Michorl (25.), Holland (43.); Gugganig (29.), Frederiksen (37./41.), Yeboah (71.).
Der LASK spielte:
Alexander SCHLAGER; Andreas GRUBER (66. Husein BALIC), Gernot TRAUNER, Yvgen CHEBERKO (66. Petar FILIPOVIC), Andres Alberto Andrade CEDENO; Rene RENNER (83. Mario POTZMANN), Peter MICHORL (66. Mads Emil MADSEN), James HOLLAND, Reinhold RANFTL; Johannes EGGESTEIN, Thomas GOIGINGER (83. Dominik REITER).
Die WSG
spielte:
Ferdinand OSWALD; Fabian KOCH, Raffael BEHOUNEK, David GUGGANIG, David SCHNEGG; Žan ROGELJ (74. Julian GÖLLES), Thanos PETSOS (91. Florian TOPLITSCH), Nemanja CELIC, Florian RIEDER (85. Benjamin PRANTER); Nikolai Baden Frederiksen (85. Zlatko DEDIC), Kelvin YEBOAH (91. Stefan HAGER).
Stimmen zum Spiel:
Thomas Silberberger (WSG-Trainer): „Eine phantastische Auswärtsleistung der Mannschaft. Wir haben alles umgesetzt, was wir uns in der Besprechung vorgenommen haben, uns auch durch den Rückstand nicht aus dem Tritt bringen lassen und eine überragende Auswärtsperformance geliefert – wenn man sich die Heimstatistik vom LASK davor anschaut. Ich glaube, der Platz in der aktuellen Tabelle ist mehr als nur verdient. Denn wer den LASK auswärts mit 4:2 besiegt, Rapid auswärts mit 3:0 schlägt und St. Pölten ab der 60. Minute mit einem Mann weniger am Feld auswärts besiegt, der hat sich die Tabellenposition absolut verdient. Jetzt genießen wir die Heimfahrt, haben ab morgen aber schon wieder den Fokus auf Altach. Wir können diese Woche vergolden, haben bis jetzt ist in dieser Woche aber noch nichts gewonnen.“
Stefan Köck (WSG-Sportdirektor): „Gratulation an die Mannschaft. Das Trainerteam hat die Jungs
hervorragend eingestellt. Mich stört ein wenig, dass jetzt davon gesprochen
wird, wie schlecht der LASK war. Zu einem Spiel gehören zwei Mannschaften un
unsere hat eine sehr gute Leistung gebracht. Heute freuen wir uns extrem über
diese drei Punkte, die nicht planbar waren. Aber wissen, dass wir in der
kommenden Woche zwei wichtige Spiele vor der Brust haben, in denen wir
entsprechend nachlegen wollen.“
David Gugganig: „Wir wollten sie nicht über die 6er aufdrehen
lassen, das haben wir über 90 Minuten gut gemacht. Wir haben sie zu wenig
Torchancen kommen lassen und ihre Fehler eiskalt ausgenützt. Deswegen war der
Sieg heute gar nicht unverdient. Bei meinem Tor hat ziemlich viel
zusammengepasst. Trotzdem beschäftigen wir uns noch nicht mit der Meistergruppe,
die ist noch kein Thema. Wir schauen weiter von Spiel zu Spiel. Dass uns solche
Erfolge gelingen ist natürlich schön, aber das nächste Spiel am Mittwoch wird
sicher wieder gleich schwer. Unser Ziel wird immer der Klassenerhalt bleiben.
Für so einen kleinen Verein sind die Top-6 in der Bundesliga, glaube ich, ein
bisschen zu hoch.“
Foto-Nachweis: GEPA pictures
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