23. Nov. 2021

Hochschaubahn der Gefühle

Für die Amateure der WSG Tirol ging’s im abgelaufenen Herbst ständig auf und ab. Auf Höhenflüge folgten Bruchlandungen, auf Sensationssiege Klatschen. Zum Frühjahrsstart steht das Ziel Klassenerhalt über allem.

So richtig weiß selbst Amateure-Coach Martin Rinker heute noch nicht, was er von der abgelaufenen Herbstsaison halten soll, wo genau er das, was seine Mannschaft auf den Platz brachte, einordnen kann und muss. Um den Herbst als Erfolg zu titulieren, wurde der Enttäuschung wohl ein wenig zu viel an Raum geboten. Um ihn als Misserfolg abzutun, hatten die Leistungen oft zu viel an Qualität. Eine ständige Hochschaubahn der Gefühle, 18 Spieltage zwischen Genie und Wahnsinn.
„Die Cupspiele zum Abschluss der vorigen Saison waren für mich die Highlights“, lässt Rinker tief in seine Trainerseele blicken. Dass dann zum Cuphalbfinale nicht die beste Mannschaft fahren konnte, tat weh, war für ihn als Coach der WSG II aber nachvollziehbar: die Einser geht schließlich vor. Auch dafür, dass der Start ins Spieljahr (2:3 gegen die Reichenau) ein wenig holprig war, zeigt der Übungsleiter Verständnis, zumal sich bei Trainingsbeginn der eine oder andere Kicker noch in der Sonne bräunte. Dafür sei das 3:3 in Runde zwei gegen Imst ein Spiel gewesen, bei dem Rinker ab und an mit der Zunge schnalzte. Ein 2:0-Erfolg über Schwaz folgte - über jenes Team, das nach 18 Runden mit vier Punkten Vorsprung ganz oben von der Tabelle lacht, während die WSG Amateure nur zwei Zähler von ganz unten entfernt überwintern.

Wenig Höhenflüge, viele Bruchlandungen

Die Auftritte waren zwar häufig gut, die Ergebnisse aber ließen (zu) oft zu wünschen übrig. „Wir haben uns nur selten dafür belohnt, sind oft an der Chancenauswertung gescheitert“, erklärt Rinker, „dann kamen die befürchteten Dellen dazu.“ Einmal bei dem Spieler, dann beim anderen. Die Runden drei bis sechs seien weder Fisch noch Fleisch gewesen. Dafür war der Schlagabtausch mit Wacker Innsbruck am Spieltag sieben einer, der einem Galaabend glich. Das 2:2 für Rinker „ein echtes Highlight“, auf das allerdings quasi volley die Wattener Talfahrt begann. Auswärts beim SVI nicht zu gewinnen, sei „schwieriger gewesen als umgekehrt“, zuhause gegen Fügen zu verlieren und gegen den SVI Federn zu lassen, „richtige Stimmungskiller“ – so schön der Sieg in Kitzbühel dazwischen auch war.
Anfang der Saison habe man Spiele nach einem Rückstand noch drehen können, schildert der Übungsleiter selbstkritisch, je länger die Saison dauerte, sei das Vertrauen in die eigene Stärke aber gesunken. Negativer Höhepunkt: ein 0:8-Debakel in Imst. Woraufhin die Mannschaft gegen Schwaz (trotz Niederlage) die richtige Reaktion zeigte und gegen Hall einen Dreier nachlegte. Ehe mit dem 0:5 gegen Wörgl der nächste Schlag oberhalb der Gürtellinie von Rinker folgte. „Eine richtige Watsch‘n.“ Ein auf und ab, in dem der freie Fall mit sieben Niederlagen in Serie zunehmend dominierte. „Da muss ich weit zurückdenken, das hat es in meinen acht Jahren noch nie gegeben“, zeigt sich der Trainer auch Tage danach noch fassungslos. Das Heimspiel gegen Imst sei eigentlich ein Muss-Sieg gewesen, auch wenn es in diesen Begriff im Fußball bekanntermaßen nicht gibt. Auch die Partie gegen den SVI und der Schlagabtausch in Telfs, in dem die Amateure sogar führten, ordnet Rinker der Kategorie 'unnötig' zu. Am Ende wurde keines dieser Spiele gewonnen. „Wir reden von mindestens zehn verlorenen Punkten“, erklärt der Coach. Zehn Zähler, die den Unterschied ausmachen, ob man sich ruhig im Mittelfeld der Liga entwickeln kann oder Runde für Runde angezählt im Abstiegskampf steckt. Zehn Punkte, die auch über Sein und Schein von Selbstvertrauen entscheiden.  

Skrbo und Tomic als Bestätigung

Dennoch sei im Herbstdurchgang nicht alles schlecht gewesen, was nun schlecht aussieht. Schließlich habe man mit Stefan Skrbo und Denis Tomic zwei aus dem Amateurteam erfolgreich den Profis übergeben. Und mit Cem Üstündag stehe ein weiterer bereits vor der Tür. „Mich würde es sehr wundern, wenn er nicht der nächste wäre, der den Sprung nach oben schafft“, schwärmt Rinker über den 21-Jährigen Zillertaler, der eigentlich für die Dreiermannschaft verpflichtet wurde, vom Start weg in der Zweier brillierte und mit konstant starken Leistungen drauf und dran ist, die Tür zur Einsermannschaft zu öffnen. „Ich sehe Entwicklung bei den Spielern“, erklärt Rinker. Wenngleich die Entwicklung des Kaders nur eine jener Zielvorgaben ist, die zu erfüllen wären, die zweite, über die nicht diskutiert werden kann, betrifft den Klassenerhalt. Deshalb wolle man im Frühjahr jene Punkte einsammeln, die man im Herbst liegen ließ und jene Spieler mitnehmen, die im Laufe der vergangenen Runden irgendwo den Anschluss verpassten – um am Ende gemeinsam die Liga zu halten. Ob dabei 30 oder 35 Punkte rausschauen, ist Rinker einerlei, ob es Platz vier wird oder Platz zehn, ebenso. Nur der Abstieg dürfe nichts passieren. Dafür wird ab sofort bis Weihnachten im „Erhaltungsblock“ drei Mal pro Woche geschwitzt, ehe das Christkind den Amateuren zwei Wochen Pause beschert. Ab der zweiten Jännerwoche lassen es Rinker & Co. mit vier Einheiten pro Woche so richtig krachen. Bis zum Frühjahrsstart am 12. März, an dem mit dem Tabellenzweiten aus Kitzbühel ein echter Gradmesser wartet.

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